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L**L
Dieser unglaubliche Meereswind
Auch wenn das Hauptthema das Buches wiederum die Unmöglichkeit des Schreibens einer wissenschaftlichen Studie, genauer deren Inangriffnahme mithilfe eines allerersten Satzes ist, ähnelt Beton so gar nicht den Vorgängern Korrektur und Kalkwerk. Die Unmöglichkeit hat diesmal nicht den Tod als Begleiter oder als bereits erfolgtes Geschick eines Anderen, über den berichtet wird, nein, der Erzähler lebt und berichtet uns - weithin chronologisch - von seinen Mühen.Die Unmöglichkeit der Werkrealisierung wird uns hier im Ablauf der Erzählung oder Novelle immerhin als eine temporäre vorgeführt. Die Ankunft der Schwester, die Abreise der Schwester, die eigene Abreise nach Palma, die Ankunft im Hotel und seine Krankheit, alles hindert Rudolf, sein Werk zu beginnen. Aber all diese Tätigkeiten eröffnen immer weitere Möglichkeiten und schließen eine positive Wendung nicht gänzlich aus.Die anderen Unmöglichkeiten in diesem Buch werden diesmal beinahe schon persiflierend dargelegt. Es ist einerseits die unglaubliche soziale Kompetenz der Schwester des Erzählers, die er ihr neidet und die er ihr eben darum im höchsten Masse zum Vorwurf macht, da sie ihr ihren besonderen gesellschaftlichen Erfolg verdankt. Andererseits ist es der Zustand der Politik in Österreich, die pseudosoziale Gesinnung der Politiker und insbesondere die eines gealterten, perfiden und größenwahnsinnigen Bundeskanzlers.Humorvoll ist dieses alles zwar noch nicht, aber urplötzlich zitiert Bernhard auf Seite 96 zu seinem eigenen Vergnügen den Satz: "Dann ließ sie den entzückendsten Busen sehen, den die Welt je gesehen hatte, Zadig", der ihn dann eingestandenermaßen auch nachdrücklich zum Lachen reizt. Wann haben wir Vergleichbares in seiner Prosa zuvor gelesen? Es ist der ungewohnte Erzählfluß und die Ambivalenz zwischen Zuneigung und ekstatischer Ablehnung der Umwelt gegenüber, die den neuen Grundton in diesem Buch ausmachen und ihm wohl die überwiegend positive Kritik eingebracht haben.Und dann der Titel "Beton", der so gar nicht passt. Und dann am Ende die eingeflochtene Geschichte der jungen Münchnerin, die vor zwei Jahren ihren Mann in Palma durch Selbstmord verloren hat und nun das selbe Schicksal gesucht hat. Diesmal ist eben der Tod einer Person, die außerhalb des Schicksals des Erzählers steht, mit der uns Bernhard radikal in seine Realität, die wir alle - er eingeschlossen - für einige Stunden vergessen haben, zurückführt.
F**S
kongenial!
ich kann diese lesung nur empfehlen. nachdem ich ein paar enttäuschungen erlebt habe, hörbuchfassungen, in denen die geistige begrenztheit der schauspieler den ganzen bernhard vernichtet, zerstört, zertrümmert haben, allen voran "die mütze", ist die vorliegende hörbuchfassung eine einzige freude, ein grosses selbstgelächter. thomas bernhard "von oben bis unten von links bis rechts: eine katholische existenz." ich kann diese einspielung absolut empfehlen! super! bravos für regie und sprecher!
W**N
Unverwechselbarer Sound
Absolut großartig. Der Erzähler bzw. Rudolf, hinter dem er sich versteckt, prokrastiniert, ist genervt vom Besuch seiner Schwester, die ihn daran erinnert hat, dass sein Langzeitprojekt seit Jahren nicht vorankommt. Er fliegt nach Mallorca, um sich abzulenken, und trifft dort eine Frau, die ihm eine schockierende Geschichte erzählt. Bei einem weiteren Besuch auf Mallorca erfährt er, wie sich alles weiterentwickelt hat. Das ständige Wiederkäuen seiner Probleme und Befindlichkeiten kontrastiert mit der Geschichte der Fremden, die mit ihrer Geschichte in sein Leben eintritt. Die Geschichte hallt lange nach.
M**1
Beton oder die Härte des Scheiterns
Thomas Bernhards Roman handelt von dem an morbus boeck erkrankten Rudolf, der eine Studie, sein Lebenswerk, über den Komponisten Mendelssohn Bartholdy zu schreiben beabsichtigt, hieran jedoch bereits am ersten Satz scheitert."Beton" ist die Geschichte eines akribischen Perfektionisten, eines einsamen Grüblers und Außenseiters, Selbstreflektierenden und mit der Welt auf Kriegsfuß stehenden Pedanten, der sich ein Jahrzehnt lang immenses Wissen über Mendelssohn Bartholdy angeeignet hat, jedoch immer dann, wenn er mit der Niederschrift der Studie beginnen will, von etwas abgelenkt wird. Immer wieder versucht er, die besten Bedingungen für die Umsetzung seines Werks zu schaffen, die er für kurze Zeit vorfindet, ohne diese jedoch nutzen zu können. Bernhard erschafft mit Rudolf einen ganz eigenen Charakter, der an seiner Pedanterie, aber auch an seiner (eingebildeten) Krankheit verzweifelt und seine Vision von einem außergewöhnlichen Werk nie umsetzen kann. Wer nach dieser Kurzschilderung glaubt, es handle sich nur um eine abgrundtief traurige Geschichte, irrt sich, denn Bernhard streut wie mit einem Augenzwinkern stellenweise sehr humorvolle Passagen in den Text ein, die die Radikalität des Protagonisten der Lächerlichkeit preisgeben. Unvergessen ist auch die Passage, in der Bernhard Rudolf in aberwitziger Weise darüber fabulieren lässt, dass eigentlich Hunde es sind, die das Weltelend zu verschulden haben und im Grunde der Mensch es ist, der von ihnen an der Leine geführt wird, angefangen von Goethes Pudel bis hin zu Hitlers Schäferhund."Beton" ist musikalisch, nörglerisch, geistreich, traurig, grausam, widerspenstig, hochkomisch, vor allem jedoch eins: Genial. Ein typischer "Bernhard", der sich auch für den Einsteiger, der noch nicht mit Büchern dieses Schriftstellers vertraut ist, hervorragend eignet.
E**0
Thomas Bernhards Klassiker Beton in der Gesamtausgabe
Mit der Gesamtausgabe für Thomas Bernhard ist es dem Suhrkamp Verlag gelungen ihm ein Denkmal zu setzen. Band 5 stellt seinen großen Roman Beton vor.
M**G
Wieder ein Berndhardt
Liest sich nett weg, der Keller hat mir zwar besser gefallen aber erfrischend scharfzüngig gegen Österreich, die Politik und Europa überhaupt, ohne dabei allzu schwarzmalerisch zu sein. Das kann er!
T**.
Großartiges Spätwerk Bernhards
Der Musikkritiker Rudolf, völlig zurückgezogen in einem niederösterreichischen Dorf lebend, überaus wohlhabend und alleinstehend, dabei todkrank (oder zumindest eingebildet todkrank), hat nur noch ein Ziel: Endlich sein Lebenswerk zu Papier zu bringen, eine Studie über seinen Lieblingskomponisten Felix Mendelssohn-Bartholdy.Das Buch erzählt auf etwa 200 Seiten in einem absatz- und kapitelfreien stream of consciousness davon, wie er hierbei aus übersteigertem Perfektionismus heraus bereits am ersten Satz scheitert, bzw. wie er seit 12 Jahren an jenem mutmaßlich alles entscheidenden Satz gescheitert ist und welche Wirkung diese permanente Frustrationserfahrung auf seinen ohnehin fragilen Geisteszustand hat.Eine hochinteressante und faszinierende Charakterstudie darüber, wie sich eine hochintelligente aber sozial unfähige Person immer tiefer in eine einmal eingeschlagene Sackgasse verirrt, wenn es sein Selbstbild nicht erlaubt einzugestehen, gerade auch sich selbst gegenüber, fragwürdige Entscheidungen getroffen, einen letztendlich perspektivlosen Lebensweg eingeschlagen zu haben.Ein gutes Beispiel auch dafür, wie unsinnig die bisweilen geäußerte Kritik ist, Bernhard würde in seinen Büchern nicht viel mehr machen, als alles und jeden als Nationalsozialisten zu beschimpfen: In "Beton" kommt trotz ausgiebiger Polemik das "N-Wort" nicht ein einziges Mal vor.Die in brillanter Prosa vorgetragenen Gedankengänge und Selbstgespräche Rudolfs sind bei alledem derweil häufig derart witzig, nicht zuletzt der allgegenwärtigen Selbstironie Bernhards wegen, dass der geradezu deprimierende Plot in seiner Wirkung zwar keineswegs nivelliert aber doch abgedämpft wird.Bernhard zelebriert seine Übertreibungskunst auf allerhöchstem Niveau. Spätestens wenn der gemeine Stubenhund in einem vielteiligen Gedankengang zum Weltvernichter mutiert, werden sich auch Bernhard-Kritiker ein Lachen nicht verkneifen können.Dieses Lachen freilich kann schon beim nächsten Gedankengang im Halse stecken bleiben...
P**I
Die Hölle des Alleinseins
Ich-Erzähler Rudolf versucht, eine Arbeit über Felix Mendelssohn-Bartholdy zu beginnen, auf die er sich seit einem Jahrzehnt vorbereitet. Doch es gelingt ihm nicht einmal, auch nur den ersten, alles Weitere auslösenden, Satz niederzuschreiben. Mal quält ihn die Hölle des Alleinseins, dann wiederum fürchtet er die Rückkehr der Schwester, die er selbst eingeladen hat, ohne sie ertragen zu können. Schließlich flieht er aus seiner Gruft nach Palma, wo er hofft, sein Werk endlich beginnen zu können. Dort erinnert er sich an eine zufällige Begegnung mit Anna, einer jungen Frau, die ihren erst dreiundzwanzigjährigen Mann verloren hatte, der auf dem Zentralfriedhof von Palma beigesetzt wurde. Rudolf besucht noch einmal den riesigen Friedhof und entdeckt entsetzt in den fürchterlichen, siebenstöckigen Betonschubladen, den letzten Ruhestätten der Palmenser, dass die Frau Selbstmord begangen hat und nun neben ihrem Mann im Beton ruht. Das versetzt ihn in lähmende Angst.
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2 months ago
1 week ago